Inspiring Circle – Impuls & Anregungen

Einfach mal die Pause Taste drücken

Impuls zum Inspiring Circle von Jürgen Maubach & direkt zu den Anregungen

Die „Pause“-Taste ist eine schöne Metapher für das, wonach ich mich persönlich seit Jahren besonders im Advent sehne. Zu kaum einer Zeit im Jahreslauf habe ich so sehr das Bedürfnis innezuhalten, einfach nichts tun zu müssen, mir eine Auszeit zu gönnen. Obwohl gerade alles um mich herum dagegen zu sprechen scheint.

Die Sehnsucht nach dieser Auszeit im Advent, zum Weihnachtsfest und in den sogenannten „Tagen zwischen den Jahren“ empfinde nicht nur ich so, sondern sie ist inzwischen zu einem gesellschaftlichen Trend geworden, bei all denen die es sich leisten können oder wollen.

Adventskalender und -bräuche, die kleine Auszeiten im Alltag schaffen, gab es schon immer. Neu ist was in den letzten Jahren als „Rauhnächte-Boom“ hinzugekommen ist. Ein gestalteter Übergang in den Tagen zwischen den Jahren. Sie sind eine besonders mystische und symbolträchtige Phase im Jahreskreis, begleitet von alten Geschichten, Bräuchen und modernen Interpretationen. Es ist eine Zeit, in der es um Innehalten, Loslassen, Reinigung und Neuanfang geht. Die Rauhnächte lassen sich gut mit der Idee einer „Pause“ oder eines bewussten Innehaltens in dieser Zeit verbinden.

Tatsächlich scheint es diese Zäsur in Jahreslauf zu geben. Da ist die Pause in der Natur, das Leben der Pflanzen zieht sich in die Wurzeln zurück, viele Tiere halten Winterschlaf und fahren ihre Lebensaktivitäten zurück. Frost und Kälte lassen das Leben erstarren. Da ist die Wintersonnenwende. Und die Zeit zwischen den Jahren, die traditionell vom 24.12. bis zum 6.01. andauert.

Der Ursprung liegt im Unterschied zwischen der Jahreseinteilung nach dem Mond- und Sonnenkalender. Zwischen beiden Zählweisen für ein Jahr liegt eine Differenz von elf Tagen, wobei nach der Zählweise des Mondkalenders elf Tage (und zwölf Nächte) zum astronomisch korrekten Sonnenumlauf in 365 Tagen fehlen. Das alte Jahr war zu Ende, das neue hatte noch nicht begonnen. Darum sagt die Tradition, in diesen Tagen steht die Zeit still.

Bis heute haben sich Spuren dieser „Pause“ im Jahreslauf in unserem Leben erhalten – auch wenn die Hintergründe oft nicht bewusst sind. Wir genießen die Feiertage und machen es uns schön. Wir nehmen Urlaub und machen Pause vom Alltag. Wir treffen uns mit Familie und Freunden, machen Spaziergänge durch die Winternatur, tun Dinge die wir sonst im Jahr nicht tun. Wir setzen unbewusst die Pause Taste. Und die Erkenntnis nimmt zu, es tut uns gut, wenn wir diese Zeit bewusst für uns nutzen. Hier geht es zu den Anregungen.

 

Die Geschichte vom Müller und der stillen Nacht

Es gibt eine alte europäische Erzählung, die sich besonders gut mit der Idee der Rauhnächte als „Pause-Zeit“ verbindet. Sie handelt von einem Müller, der in der hektischen Vorweihnachtszeit kaum noch Zeit für sich und seine Familie hatte. Jeden Tag mahlte er Getreide, Tag und Nacht, ohne innezuhalten. Bis eines Abends, in der ersten Rauhnacht, ein Fremder an seine Tür klopfte.

Der Fremde bat um Obdach und erzählte dem Müller von einer uralten Tradition: „In diesen zwölf Nächten steht die Welt still. Wer sich Zeit nimmt, um zuzuhören, wird belohnt.“ Der Müller, skeptisch, aber müde, willigte ein, für eine Nacht das Mahlwerk ruhen zu lassen. Er setzte sich mit dem Fremden ans Feuer, und sie sprachen über das vergangene Jahr, über Sorgen, Freuden und ungesagte Wünsche.

Als der Müller am nächsten Morgen erwachte, war der Fremde verschwunden. Doch das Mahlwerk war mit frischem, goldenem Mehl gefüllt – mehr, als er je in einer Nacht hätte mahlen können. Die Pause hatte ihm mehr gebracht als ständiges Tun.

In den folgenden Rauhnächten wiederholte der Müller das Ritual: Jeden Abend hielt er inne, reflektierte und schrieb seine Gedanken auf. Am Ende der zwölf Nächte war nicht nur sein Vorratsschrank gefüllt, sondern auch sein Herz. Die Pause war zur Quelle seiner Kraft geworden.

Ich habe einige Jahre meine Rauhnächte-Rituale gemacht, habe Wünsche aufgeschrieben, tägliche Impulse angehört, geräuchert und Zettel verbrannt. Dann kam mir der Raum dafür abhanden und mir fehlte die Energie dazu. Die schönen neuen Rituale wurden zur Last. Zuerst plagte mich mein schlechtes Gewissen wegen meiner Disziplinlosigkeit. Dann habe ich gedacht: Warum höre ich eigentlich nicht auf mich? Warum nehme ich meine Unlust nicht ernst?

Aber Nichtstun, Herumhängen und in Stille sein, werden in unserer Kultur als unproduktiv empfunden. Das steckt auch ganz tief in mir.

Dabei ist es genau das Gegenteil. Solange ich vollkommen damit beschäftigt bin, etwas zu erreichen, verliere ich die Fähigkeit zu sehen, was alles schon da ist. Erst wenn ich mir eine Weile Nichtstun gönne, entsteht der Freiraum, es zu entdecken. Es ist eine Kunst, die es für mich neu zu erlernen gilt, diese Leere, das Nichts auszuhalten. Dieses Nichts ist nicht nur Nichtstun, sondern auch Nichtdenken, Nichtplanen, Nichtreflektieren, Nichtproduktiv-Sein, Nicht-Müssen…

 

 

Elia begegnet Gott

Die berühmteste Geschichte im jüdisch-christlichen Denken dazu ist die von Elia am Berg Horeb (1 Könige 19).

Nach einer Zeit, in der Elia mit Leidenschaft für Gott gekämpft hat, ihm dann aber der Sinn des Ganzen abhanden gekommen ist, macht er sich auf den Weg zum Berg Horeb, um Gott zu begegnen. In einer Höhle sucht er Schutz. Er wartet und erlebt Sturm, Erdbeben und Feuer. Doch immer heißt es, dass Gott nicht darin war. Am Ende kommt ein stilles, sanftes Säuseln. Martin Buber übersetzt es mit: eine Stimme verschwebenden Schweigens.  

Als Elia das hört, verhüllt er sein Gesicht und tritt vor die Höhle. In der Erzählung heißt es aber nicht plump: „Gott war im sanften Säuseln.“ Nein, die entscheidende Erfahrung ist die Begegnung mit Nicht-Sturm, Nicht-Beben und Nicht-Feuer.

Wo dieses Nichts ist, berührt der Mensch die andere göttliche Dimension.

Vielleicht ist das ein Schlüssel zu einer anderen Sicht auf unser Weihnachtsfest, auf die „Stille Nacht“, in der die Welt still zu stehen scheint und der Christus in dieser Welt erscheint. Weihnachten als Erinnerung, Christus in der Stille, im Nichts in mir zu entdecken. Christus, das Kind, das in der Stille, im Nichts in mir zur Welt kommen will. Und wir feiern ein Kleinkind, das Nichts zu tun vermag und doch alles ändert. Stille und Nichts als Türöffner für eine neue  Christuserfahrung, die ein Gamechanger für mein Leben sein kann.

Anregungen für die Gestaltung der Zeit.

 

 

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